Tierwohl und umweltverträgliche Landwirtschaft

Wie kann Tierwohl und eine umweltverträgliche Landwirtschaft umgesetzt werden?


Es gibt folgende Möglichkeiten:

  1. Der Staat macht den Landwirten entsprechende Auflagen.
  2. Die Landwirte tun es aus eigenem Antrieb.
  3. Die Verbraucher erzwingen dies durch eine entsprechende Nachfrage.

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass wir wieder lernen müssen, dass für bestimmte Dinge der Staat bzw. wir als Gesellschaft entsprechende Regeln setzen müssen. Es ist schon erstaunlich, dass gerade aus dem linken politischen Lager auch viele glauben, solche Probleme wie Tierwohl und eine umweltverträgliche Landwirtschaft, könnten über den Markt gelöst werden. Nein, grundsätzlich müssen gesetzliche Regeln Tierwohl/umweltverträgliche Landwirtschaft sicherstellen. Wir kämen ja auch nicht auf die Idee, dass ein umweltverträgliches Chemiewerk sich über den Markt einstellt.

Landwirte und Verbraucher sind damit überfordert.

Grundproblem: Umweltverträgliche Landwirtschaft und Tierwohl machen Lebensmittel teurer.

Es überfordert die Verbraucher sich täglich beim Einkaufen damit auseinanderzusetzen, was denn jetzt nun für das Tierwohl und eine umweltverträgliche Landwirtschaft die richtige Konsumentscheidung ist. Auch entsprechende Labels ändern daran nur wenig. Auch ist der Verbraucher damit überfordert, täglich zwischen seinem finanziellen Möglichkeiten und dem Tierwohl/umweltverträgliche Landwirtschaft abwägen zu müssen.

Auch die Landwirte sind damit überfordert in mehr Tierwohl/umweltverträgliche Landwirtschaft zu investieren, wenn dann unklar ist, ob die höheren Preise auch erzielbar sind. Außerdem stehen unsere Landwirte in Konkurrenz zu Importen und auch bei Exporten müssten sie dann die höheren Preise erzielen können.

Nun steht aber auch die staatliche Rahmensetzung vor dem grundsätzlichen Problem, dass wenn sie die Standards in der EU anhebt, unsere Landwirte mit höheren Kosten dann in Konkurrenz gegen Importe und auf den Exportmärkten stehen, die unter Umständen geringeren Standards genügen müssen. Gut, dieses Problem ist nun kein Exklusivproblem der Landwirtschaft. Dieses Problem gilt allgemein bei höheren Umwelt- und Sozialstandards. Höhere Standards haben zum Teil dazu geführt, dass bestimmte Industrien bei uns abgewandert sind. Dies konnten wir kompensieren durch neue hochproduktive Arbeitsplätze. Bei der Landwirtschaft dürfte es gesellschaftlicher Konsens sein, dass wir uns des Problems Tierwohl/umweltfreundliche Landwirtschaft nicht dadurch entledigen wollen, dass wir landwirtschaftlicher Produkte in Zukunft in erster Linie importieren und die Probleme exportieren.

Außerdem muss die Politik bei entsprechender politischer Rahmensetzung ihren Wählern auch die schlechte Nachricht überbringen, dass Lebensmittel dann teurer werden. Bei der Schwäche, die Demokratien heute zeigen, kein leichtes Unterfangen.

Wie können wir aus diesem Dilemma entkommen?

  1. Der Staat bezahlt Landwirte für Tierwohl/umweltverträgliche Landwirtschaft

    Die EU gibt derzeit ca. 70 Mrd. € im Jahr für Subventionen für die Landwirtschaft aus. Grundgedanke dabei ist, dass damit die Landwirte für höhere Standards kompensiert werden sollen. Nun sind wir aber wohl heute der Ansicht, dass die bestehenden Standards in puncto Tierwohl und Umweltverträglichkeit nicht ausreichen. Daher würde es Sinn ergeben, die EU-Subventionen mittelfristig zu 100% an die Erfüllung höherer Standards zu knüpfen. Darüber wird auch seit geraumer Zeit im politischen Raum diskutiert.

  2. Der Staat vergrößert den Markt für Produkte, die mehr Tierwohl und Umweltverträglichkeit garantieren, durch ein entsprechendes Labeling (auch bei Importen). Wie oben ausgeführt, wird dieser Weg nicht zu einem flächendeckenden ausreichendem Tierwohl bzw. Umweltverträglichkeit führen.

  3. Die EU führt höhere Standards bei Importen ein

    Das dürfte zu verschärften Handelskriegen führen und auch vielen Entwicklungs- und Schwellenländern den Export von landwirtschaftlichen Produkten erschweren. Außerdem müssten diese Standards dann auch in Herkunftsländern von der EU kontrolliert werden. Dies könnte eine Entmündigung der Herkunftsländer darstellen.

  4. Man einigt sich global bzw. in einer „Koalition der Willigen“ auf ausreichende Standards bei Tierwohl und umweltverträglicher Landwirtschaft. Das wäre zwar die beste aber leider im Moment auch die unwahrscheinlichste Lösung.

Wie Sie sehen, konnte hier auch kein Patentrezept geliefert werden. Aber es könnte die politische Diskussion befruchten, wenn die systemischen Probleme, die im Wege stehen, uns mehr bewusst sind. Heute reden die Akteure sehr oft aneinander vorbei. Auf dieser realistischen Basis, können dann Schritte in die richtige Richtung vielleicht leichter durchgesetzt werden.

Grundsätzlich sollten wir uns klar machen: Wenn bio für die Umwelt und für das Tierwohl notwendig sind, dann darf dies keine freiwillige Sache sein, dann müssen wir als Gesellschaft über kurz oder lang diese Standards den Produzenten vorschreiben. Das ist Aufgabe von Politik. Es käme ja auch niemand auf die Idee, dass ein Chemiewerk mit seinen Kunden verabreden soll, wie viel Dreck es in einen Fluss leiten darf bzw. wie viel die Kunden bereit sind für sauberes Abwasser zu zahlen.